Leseprobe

„Aaaaaaahhhh!“ Da war sie. Dieses süße, kleine Mädchen namens Mona. Lauter als gedacht erblickte sie das Licht dieser Welt und stellte in der Sekunde jene ihrer Mutter auf den Kopf. Vorbei die Zeiten als Mama noch den Keks zum Cappuccino genießen konnte. Monas Mama, Samantha, bestellte nun doppelt im Gasthaus. Das Ergebnis nach zwei Monaten: 5 kg mehr auf der Waage, nie mehr. Vor Monas Geburt war Samantha eine Karrierefrau. Im Klischee versucht sie, wie die kleinen goldigen Hamster im Hamsterrad nach oben zu laufen. Doch sie tritt an der Stelle, den Puls auf 180 geschraubt, im Gefühl, den Verstand verloren zu haben. Nun wurde Mona geboren und, die Welt scheint plötzlich still zu stehen. Das Hamsterrad dreht sich weiter, während Samantha kugelrund von dessen Decke fiel.  Monas Welt war wunderbar, so still. Zumindest, bis zum Abend. Mona ist eine Nachteule und wollte gerne bis Mitternacht durchmachen. Um am nächsten Tag bis mittags zu schlafen. Und Samantha? Seit der Babykarenz bleibt sie den ganzen Tag zuhause. Keine wichtigen Telefonate. Nur der Zauber der Stille. In diesem kleinen Bergdorf. Mona war umgeben von ihrer Mama, Oma, Tanten und den Cousinen. Nicht zu vergessen, Onkel Franz, der einzige Mann im Mädchenhaus. Monas Papa heißt Kevin, präziser – Nie-da-Kevin, Samantha und er haben sich vor Monas Geburt getrennt. Aber für ihr Kind wollten sie beide da sein. Kevin wohnte in einem kleinen Dorf in Tirol eine Stunde Autofahrt entfernt. Als Mona noch sehr klein war, vermisste sie nichts. Mona wird älter, nun erst bemerkt sie, dass die anderen Kinder einen Papa dabei haben. Franz ist ihr Onkel, nicht ihr Papa, wenn auch ein toller Ersatz. Da musste sie diesen lustigen Mann, der sich meist wie ein Clown verhielt, näher unter die Lupe nehmen. Irgendwann gefiel ihr dieser Kerl, mit dem sie malen, Gitarre spielen und mit dem sie viel Lachen konnte. Sehr bald war sie regelmäßig ohne Mama bei ihm. Mona wohnte auf der, wie Samantha und sie es gerne nannten „Prinzessinnenburg“ im kleinen Bergdorf. Wenn Mama arbeiten musste, passte Oma auf sie auf. Samantha war von Beruf Psychologin und Psychotherapeutin. Das bedeutet, Samantha sitzt in ihrer Praxis mit Personen, die Mona nicht kennt und diese Fremden reden über ganz geheime Sachen, während ihre Mama versucht die verzwickten Probleme der Unbekannten zu lösen. So spannend, wie das klingt, ist es gar nicht und für Mona todlangweilig. Dies erinnert Mona an Mamas Kaffekränzchen mit ihren Freundinnen. Nur, dass sie diese Frauen kennt und deren Geheimnisse für Mona gar nicht aufregend waren. Die Freundinnen von Samantha sind ganz wichtig und gehören zur Familie, da Mama alleinerziehend war; denn so nennt man es dann, wenn kein Papa da ist. Samantha kümmert sich liebevoll um Mona - doch selbst wenn Samantha eine gute Problemlöserin ist, kommt sie hin und wieder an ihre Grenzen. Samantha muss oft mehr organisieren, als in ihrer Arbeit früher. Zum Beispiel wer auf Mona aufpasst, wenn sie arbeiten geht, da viele Kunden von Samantha auch arbeiten und Termine erst später am Abend wahrnehmen können, wenn der Kindergarten von Mona schon geschlossen ist. Und ihre Freundinnen machten das großartig, ganz nach dem afrikanischen Sprichwort, dass ein Dorf ein Kind erzieht. Bis zum dritten Lebensjahr wuchs Mona hinter den Mauern ihrer Prinzessinnenburg auf - geschützt von der Außenwelt. Sie ist ein lebensfrohes, lautes Kind, das mit Mimik, Gestik und Stimme alle begeisterte. Oft hatte Samantha das Gefühl, dass die kleine Mona ihr die Welt mit ihren Augen zu zeigen versuchte und Samantha die Welt dadurch besser verstand. Doch nicht alle Kinder und Erwachsenen wachsen so auf wie Mona. So können sie Mona nicht verstehen, ihre Welt nicht begreifen und trampelten diese allzugern auf Monas Gefühle herum. Das verletzte Mona sehr und sie begann sich zurück zu ziehen, sprach nicht mehr mit jedem. Dafür zeichnete sie fortan, was sie fühlte. Wenn sie ihrer Mama nicht genau erklären konnte, was sie meinte, machte sie Gesten wie „ich hab da dieses Bild in meinem Kopf“ und begann zu zeichnen. Samantha konnte sich so anschauen, was Mona „sieht, wie sie darüber denkt oder fühlt“. Das erinnerte Samantha an ihre eigene Kindheit, das ihr Mona sehr ähnlich ist, nur, dass Samantha die Bilder in ihrem Kopf in Worte fasste, nicht wie Mona in Zeichnungen. Samanthas Arbeit ist eine halbe Stunde Autofahrt entfernt. Jeden Morgen fuhr sie die kleine Serpentinenstraße hinter all den holländischen und deutschen Touristen im Schneckentempo den Berg hinunter und beschloss sich eine Wohnung in der Nähe ihrer Arbeit zu suchen. Ein Palais nur für Mona und sie. Das hatte ebenso viele Vor- wie Nachteile. Einerseits konnte Samantha länger schlafen, und musste nicht, wie sonst üblich, hektisch im Auto frühstücken. Mona hätte nun ein wunderschönes Zimmer in der neuen Wohnung, für sich allein. Auf der anderen Seite wog der Verlust des königlichen Hofstaates – ihrer Familie - schwer. Keine Familie, die mehr im Haus oder im Nachbarhaus war. Das war der Zeitpunkt als Monas fünf imaginäre Freunde geboren wurden. Die mit der Zeit auch zu Familie wurden. Aber das ist Monas Geschichte…




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Illustratorin & Ideengeberin

Sina Wanner (10) geboren in Innsbruck, ist Schülerin. Sie malt seit der Kindergartenzeit leidenschaftlich, dabei entwickelte sie ihren ganz eigenen Stil (Comic, Anime). Der Fokus ihrer Arbeit liegt auf dem Malen von Augen – dem Spiegel der Seele. Die Idee zu dieser Geschichte und die Namensgebung der fünf Avatare fand sie im März 2020 im Lockdown. Sie ist eine Nachteule und ist deshalb morgens immer todmüde. Liebend gerne verspeist sie amerikanische Süßigkeiten. Ihre Lieblingsfilme sind „Coraline“ und „Nightmare before christmas“.


Autorin

Mag. Caroline Wanner, geboren in Wien, ist Klinische Psychologin, Gesundheitspsychologin und Psychotherapeutin in Verhaltenstherapie und Klinischer Hypnose. 2004-2005 arbeitete sie in einer Rehabilitationsstätte für autistische, psychotische und wahrnehmungsgestörte Kinder und Jugendliche, von 2005-2011 als Einrichtungsleiterin einer betreuten Wohneinheit für geistig behinderte Menschen. Seit bald 15 Jahren ist sie selbstständig in freier Praxis tätig. Ihre Behandlungsschwerpunkte sind Ängste und Depressionen. Ihre bevorzugte PatientInnengruppe sind Kinder und Jugendliche. Durch ihre Arbeit mit und am Patienten kann sie auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Ihre Leidenschaft war schon während des Studiums das Schreiben, dazu veröffentlichte sie mehrere Kurztexte zu aktuell brisanten Themen auf Facebook und Instagram. Eine Sammlung ihrer biografischen Kurztexte veröffentlichte sie 2018 bei Kindle unter dem Titel „Emotional talk“. Caroline ist leidenschaftlich Mutter und Single, das nicht so gerne, zumindest solange Sina noch mit ihr Zeit verbringen möchte. ☺ Wir reisen gerne, zum Beispiel auf den Spuren von J.K.Rowling und hoffentlich bald Amerika.